Therapieerfolg und dessen Nachhaltigkeit

Ergebnisse

Therapieerfolg der stationären Behandlung

Der Erfolg der stationären Behandlung bei den bei Aufnahme häufigsten Beschwerdebereichen ist in Abbildung 1–7 jeweils in der linken großen Säule dargestellt. Bei der häufigsten Hauptbeschwerde, den Beschwerden am Bewegungsapparat, erreichen während der stationären Behandlung 46% der Patienten eine deutliche Besserung, 22% eine leichte Besserung, 25% bleiben während der stationären Behandlung unverändert, 4% sind leicht verschlechtert und 3% erleiden eine deutliche Verschlechterung (Abb. 1).

Nachhaltigkeit des Therapieerfolgs

Eine im strengen Sinne kurative Behandlung zielt nicht nur auf einen aktuellen Erfolg, sie ist erst dann wirklich zufriedenstellend, wenn der Therapieerfolg nachhaltig ist. Deshalb sind die Ergebnisse der Nachbefragungen 6, 12 und 24 Monate nach Entlassung besonders wichtig. In Abbildung 1–11 gibt die rechte große Säule an, welcher Anteil der Patienten eine Verbesserung und Verschlechterung seiner Beschwerden 2 Jahre nach Entlassung hatte. Dabei bezieht sich verbessert, unverändert und verschlechtert auf die mehr als 24 Monate zurückliegende Aufnahme in der Klinik.

Bei Beschwerden des Bewegungsapparates (Abb. 1) bleibt der Anteil der deutlich oder leicht gebesserten Patienten von 68% bei Entlassung auch 2 Jahre danach erhalten, während sich der Anteil der Patienten mit deutlicher oder leichten Verschlechterung von 7% bei Entlassung auf 12% 2 Jahre danach erhöht. Ähnlich ist es bei Müdigkeit und Erschöpfungszuständen (Abb. 2). Der Anteil der deutlich oder leicht gebesserten Patienten erhöht sich von 72% bei Entlassung auf 73% zwei Jahre danach, während sich der Anteil mit deutlich oder leicht verschlimmerten Beschwerden von 7% auf 10% erhöht. Eine besonders überzeugende Nachhaltigkeit des Therapieerfolgs zeigt sich bei den Störungen der Temperaturregulation (Abb. 3). Hier steigt der Anteil der deutlich oder leicht gebesserten Patienten von 62% bei Entlassung auf 68% 2 Jahre nach Entlassung, während der Anteil der deutlich oder leicht verschlechterten Patienten in den 2 Jahren von 13 auf 9% abfällt. Offensichtlich wirken bei diesem Beschwerdebild die stationäre Zeit hinaus, ja entfalten bei nicht wenigen Patienten erst nach der stationären Phase ihre (volle) Wirkung.

Der größte nachhaltige Therapieerfolg (24 Monate nach Entlassung) mit einer deutlichen oder leichten Verbesserung bei 85% der Patienten und einer deutlichen oder leichten Verschlechterung bei 6% der Patienten wird beim Beschwerdebereich Zähne erreicht, der zweitgrößte mit 84% gebesserten und 7% verschlechterten Patienten beim Beschwerdebereich Haut und der drittgrößte mit 81% gebesserten Patienten beim Beschwerdebereich Geschlechtsorgane (alle nicht dargestellt). Ein nachhaltiger Therapieerfolg wird auch bei den Atemwegserkrankungen mit ebenfalls 81% deutlich oder leicht gebesserten Patienten erreicht (Abb. 8). Der geringste nachhaltige Therapieerfolg mit 62% wird bei den neurologischen Störungen beobachtet (Abb. 9). Allerdings ist zu bedenken, dass neurologische Störungen überwiegend chronisch-progrediente Erkrankungen sind, sodass die hohe Quote von 28% "unveränderten" Patienten nach 2 Jahren als Stabilisierung und damit tendenziell als therapeutischer Erfolg zu werten ist. So liegt denn auch die Summe aus "deutlich gebessert", "leicht gebessert" und "unverändert" nach 2 Jahren mit 90% etwa gleichauf mit den übrigen Beschwerdebereichen.

Eine genauere Analyse des Therapieerfolgs bei Entlassung geben die 9 kleinen Säulen in den Abbildung 1 bis 11. Gehen wir als Beispiel zurück zum häufigsten Beschwerdebereich, dem Bewegungsapparat (Abb. 1). Bei den 68% Patienten mit einer deutlichen oder leichten Besserung bei Entlassung bleibt diese Besserung großteils erhalten, nach 6 Monaten sind sogar 71% deutlich oder leicht gebessert, nach 12 Monaten 76% und nach 24 Monaten 77%. Bei den Patienten mit deutlicher oder leichter Verbesserung bei Entlassung treten aber auch Verschlechterungen auf: Von den erwähnten 68% Patienten mit Besserung bei Entlassung tritt nach 6 Monaten bei 7%, nach 12 Monaten bei 6% und nach 24 Monaten bei 9% eine deutliche oder leichte Verschlechterung ein. Umgekehrt treten auch bei den 7% Patienten, die bei Entlassung eine deutliche oder leichte Verschlechterung hatten, noch Verbesserungen ein. Von diesen 7% Patienten, die sich bis zur Entlassung verschlechtert hatten, tritt in den folgenden 24 Monaten noch bei 44% eine Verbesserung ein. Diese Verbesserung bezieht sich – wie alle Angaben zu deutlich gebessert, leicht gebessert, unverändert, leicht verschlechtert und deutlich verschlechtert – auf die Situation bei Aufnahme, ist also eine echte Verbesserung.

Zur Vervollständigung haben wir die gleiche Auswertungsmethodik und Darstellungstechnik nicht nur auf Beschwerdebereiche, sondern auch auf Diagnosen angewandt. Abbildung 10 stellt den Therapieerfolg und dessen Nachhaltigkeit bei den Patienten mit den Diagnosen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa und Abbildung 11 bei der Diagnose Polyneuropathie dar.

Ein deutlicher und nachhaltiger Therapieerfolg zeigt sich bei Patienten der Klinik am Steigerwald insbesondere an der Arbeitsunfähigkeit (AU). Tabelle 5 gibt die mittlere Anzahl von AU-Tagen in den vorangegangenen 6 Monaten und den Anteil der Tage mit Arbeitsunfähigkeit (AU-Quote) an. Während die AU-Quote in den 6 Monaten vor der stationären Behandlung 21,6% betrug, fiel sie den ersten 6 Monaten nach der Behandlung auf 16,0%. Im Laufe der weiteren Nachbeobachtung war die AU-Quote weiter rückläufig und betrug gegen Ende der Nachbeobachtungszeit noch 11,9%. In diese Auswertung sind alle Patienten eingeschlossen. Bei den berufstätigen Patienten reduziert sich die AU-Quote von 20,5% vor der Behandlung auf 16,2% in den 6 Monaten nach Abschluss der stationären Behandlung und weiter über 12,4% auf 10,2% in der Zeit zwischen 12 und 24 Monaten.

Wurden selektierte Patienten ausgewertet?

Bei allen Nachbeobachtungen mit unvollständigem Rücklauf darf gefragt werden, ob die Patienten, die geantwortet haben, repräsentativ für die behandelten Patienten sind. Um dieser Frage nachzugehen, haben wir die 515 Patienten ohne Nachbeobachtung, die 274 Patienten mit 6 Monaten, die 242 Patienten mit 12 Monaten und die 941 Patienten mit 24 Monaten Nachbeobachtung untereinander verglichen hinsichtlich Alter, Anteil Frauen, Familienstand, Beruf und häufigste Hauptbeschwerden. Dabei zeigten sich keine nennenswerten Unterschiede. Der bei diesen Patienten erreichte Therapieerfolg am Ende der stationären Behandlung ist in Abbildung 12 dargestellt. Auch dabei zeigt sich kein nennenswerter Unterschied zwischen den 4 Patientenkollektiven. Somit ist anzunehmen, dass die Patienten, die an der Nachbeobachtung teilgenommen haben, repräsentativ für alle Klinikpatienten und die Ergebnisse der Nachbeobachtung unverfälscht sind.

[1] Schmincke C, Torres-Londono P, Seiling M, Gaus W: Evaluation von Verfahren der traditionellen chinesischen Medizin in der Klinik am Steigerwald. Teil 1: Erhebungsmethodik. Forsch Komplementmed 2008;15:89–95.