Die durchschnittliche Anzahl von über 7 Hauptbeschwerden kann als Hinweis auf die Multimorbidität der Klientel der Klinik am Steigerwald gelten. Dabei ist zu erwähnen, dass rund zwei Drittel der Patienten weiblich sind und Frauen mehr Hauptbeschwerden haben als Männer.
Die Beschreibung der Beschwerden durch die Patienten bei der Aufnahme führt nicht immer zu klassischen Diagnosen. Die Beschwerdebereiche Zähne und Kiefer (17% der Patienten geben dies als eine Hauptbeschwerde an), Atemwege (25% der Patienten) und Herz-Kreislauf (28% der Patienten) korrelieren gut mit den klassischen Diagnosen, während Störungen der Temperaturregulation (48% der Patienten), Müdigkeit (62% der Patienten), Nervosität (46% der Patienten) und Schlafstörungen (45% der Patienten) lediglich Symptomstatus besitzen.
M. Crohn und Colitis ulcerosa sind in der Klinik am Steigerwald in den letzten Jahren ein Behandlungsschwerpunkt geworden. Patienten, die mit einer dieser Diagnosen aufgenommen wurden, gehören zum Beschwerdebereich "Störungen des Verdauungssystems" und sind in Abbildung 6 enthalten. Im Gegensatz zu den anderen Abbildungen, die jeweils einen Beschwerdebereich betreffen, bezieht sich Abbildung 10 auf die Diagnosen M. Crohn und Colitis ulcerosa. Die 2-Jahres-Besserungsquote von 83% erhält noch mehr Gewicht, wenn man bedenkt, dass bei diesen wie auch den meisten anderen Krankheitsbildern eine deutliche Reduktion der Dauermedikation erreicht werden konnte [2].
Ein weiterer Behandlungsschwerpunkt der Klinik am Steigerwald ist die Polyneuropathie, eine häufige degenerative Erkrankung der peripheren Nerven [3, 4]. Die Prävalenz der konventionell nur wenig erfolgreich behandelbaren Krankheit beträgt 2–6% [5]. Patienten mit Polyneuropathie sind einerseits dem Beschwerdebereich neurologische Erkrankungen (Abb. 9) zugeordnet, wurden aber andererseits auch speziell ausgewertet (Abb. 11). Ein Anteil von nur 3% deutlich und 8% leicht verschlechterten Patienten 24 Monate nach Entlassung darf bei dieser progredienten Erkrankung durchaus als Erfolg gewertet werden.
Eine Diskussion zur Nachhaltigkeit des Therapieerfolgs gibt es auch in der Rehabilitation [6]. Bei den allermeisten Rehabilitationsmaßnahmen ist bekannt, dass sich die Beschwerden bis zur Entlassung aus der Rehabilitationsmaßnahme bessern, sich aber 1–2 Jahre später häufig wieder der ursprüngliche Beschwerdezustand eingestellt hat. Bei progredienten Erkrankungen gilt es schon als Erfolg, wenn durch eine Rehabilitationsmaßnahme der ursprüngliche Zustand 2 Jahre gehalten werden kann.
Ziel einer Rehabilitationsmaßnahme ist die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit. Das entscheidende Erfolgskriterium ist daher die Arbeitsfähigkeit in der Zeit danach. Aber auch für allgemeine Therapiemaßnahmen ist die AU-Quote ein wichtiges und hartes Erfolgskriterium. Die Nachhaltigkeit des in der Klinik am Steigerwald erreichten Therapieerfolgs zeigt sich an dem monotonen Rückgang der AU-Quote von vor Beginn der stationären Behandlung bis 24 Monate nach der Entlassung.
[3] Neundörfer B: Polyneuropathien: Standards. Nervenheilkunde 1995;14:164–174.
[4] Schmincke C: Polyneuropathie-Behandlung in der Klinik am Steigerwald. Chin Med 2009;24:17–27.
[5] Pöschl P: Polyneuropathie im Alter. Häufigkeit, Diagnostik und klinischer Verlauf. Focus Neurogeriatrie 2008;2:26–21.
[6] Hüppe A, Raspe H: Zur Wirksamkeit von stationärer medizinischer Rehabilitation in Deutschland bei chronischen Rückenschmerzen: Aktualisierung und methodenkritische Diskussion einer Literaturübersicht. Rehabilitation 2005;44:24–33.